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Vorgeburtliche Untersuchungen (Pränataldiagnostik)

Gegen 3 Prozent aller Kinder kommen mit einer Behinderung bzw. Fehlbildung zur Welt. Häufig handelt es sich um nicht bedrohliche Probleme oder solche, die durch eine kinderchirurgische Operation behoben werden können. Mit Ultraschall und Analyse des Erbguts können gut 80 Prozent aller Fehlbildungen vorgeburtlich erkannt werden. Eine Garantie, dass das Kind gesund sein wird, kann die Medizin aber nie abgeben.

Bei der Pränataldiagnostik im engeren Sinne geht es darum, das Erbgut des ungeborenen Kindes während der Schwangerschaft zu kontrollieren. Die häufigste Störung ist das sogenannte Down-Syndrom (Trisomie 21, früher als Mongolismus bezeichnet), bei welchem vom Chromosom 21 in jedem Zellkern drei statt zwei Kopien vorliegen. Die Häufigkeit des Down-Syndroms hängt vom Alter der Mutter ab.

 

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Pränataldiagnostik ist ein heikles Thema, welches Emotionen schürt, von sehr persönlichen Einstellungen zum Leben abhängt und nicht immer rational diskutiert werden kann. Unsere als Kleinfamilie strukturierte Gesellschaft, in welcher intellektuelle Leistung belohnt wird, kann die Geburt eines schwer behinderten Kindes nicht immer befriedigend auffangen. Als werdende Eltern haben Sie grundsätzlich drei Möglichkeiten:

 

  • Wir möchten uns alle Optionen offenhalten:
    Panoramatest / Ersttrimestertest durchführen. Dieser ist einfach und risikolos ("nicht invasiv"), stellt aber keine sichere Diagnose.
  • Wir wollen sicher wissen, ob unser Kind bezüglich Erbgut gesund ist:
    Fruchtwasserpunktion oder Chorionbiopsie durchführen lassen.
  • Wir werden unser Kind so akzeptieren, wie es ist:
    Keine vorgeburtliche Diagnostik machen. Die Gesellschaft darf auf keinen Fall einen Druck ausüben, dass man Pränataldiagnostik machen sollte, um «unwertes» Leben zu verhindern.

 

Generell muss in der medizinischen Diagnostik vor der Durchführung jedes Tests ein ausführliches, individuelles Beratungsgespräch stattfinden; mögliche Konsequenzen aus einem Testresultat müssen vorgängig diskutiert und vom Ehepaar grundsätzlich in Erwägung gezogen werden.

 

 

Panoramatest (NIPT)

Dieser"nicht invasive pränatale Test"benötigt einzig eine Blutentnahme bei der schwangeren Frau und ermöglicht durch eine Laboranalyse an der im mütterlichen Blut zirkulierenden, freien fötalen DNA Chromosomenstörungen zu entdecken. Durch diesen Test kann die Qualität der Pränataldiagnostik bezüglich Trisomien 21, 18 und 13 verbessert werden; so kann die Entdeckungsrate für die Trisomie 21 ohne Gefährdung des werdenden Kindes auf 99,5% erhöht werden. Das hat zur Folge, dass weniger invasive Tests durchgeführt werden müssen und zudem die Anzahl unerwünschter Fehlgeburten gesenkt wird. 

 

Ab der 10. SSW kann im mütterlichen Blut in der Regel von einer genügenden Menge an freier fötaler DNA ausgegangen werden. Seit dem 15. Juli 2015 wird der Panoramatest unter gewissen Voraussetzungen von den Krankenkassen übernommen. In naher Zukunft könnte er möglicherweise auch den kassenpflichtigen ETT ablösen.

 

 

 

Ersttrimestertest (ETT)

Durch Messung der häufig auch "Nackenfalte" genannten Nackentransparenz (NT) des Embryos im Ultraschall zwischen der 11. und 14. Woche kann - in Kombination mit einer Blutentnahme - über das Risiko für das Vorliegen einer Trisomie 21 oder Trisomie 13/18 eine statistische Risikoabschätzung berechnet werden. Das ungeborene Kind sollte dabei mindestens 38 Millimeter lang sein (Scheitel-Steiss-Länge). Für die Untersuchung braucht es Erfahrung, ein hochauflösendes Ultraschallgerät und eine regelmässige Rezertifizierung des durchführenden Arztes. In diesem Entwicklungsstadium ist es normal, wenn sich im Nacken ein dünnes Flüssigkeitspolster befindet (schwarzer Streifen, Dicke durch kleine rote Linie markiert). Ist die Nackentransparenz (NT) aber verbreitert (siehe rechtes Bild), kann dies für ein Problem des Lymphabflusses und das Vorliegen einer Erbgutstörung bzw. Fehlbildung sprechen.

 

 

Die durch den ETT berechneten Risikoangaben (z.B. "1:1'560 für Trisomie 21") liegen innert 24 bis 48 Stunden vor. Sie werden anschliessend mit dem individuellen, altersabhängigen Risiko der Schwangeren verglichen und führen dann zur Empfehlung über allenfalls zu erwägende, weitere Abklärungen. Dies auch unter Berücksichtigung des Resultats eines evt. bereits durchgeführten oder zu diskutierenden Panoramatests. Als weitere in Frage kommende Abklärungen bestehen grundsätzlich eine spezielle Ultraschallabklärung oder dann "invasive" und daher mit Risiken verbundene Methoden wie Chorionbiopsie und Fruchtwasserpunktion. Dabei liegt der Entscheid über das weitere Vorgehen, nach entsprechender Beratung, immer allein bei den werdenden Eltern.

 

Als Sonderfall müssen die Mehrlingsschwangerschaften betrachtet werden: hier müssen pränatale Diagnostik und Empfehlungen im Speziellen besprochen werden.

 

 

Amniozentese (Fruchtwasserpunktion)

Die Amniocentese kann ab der 16. Schwangerschaftswoche durchgeführt werden und ist für die Schwangere bezüglich Schmerzen mit einer Blutentnahme zu vergleichen. Dabei wird mit einer dünnen Nadel die Fruchthöhle durch die Bauchdecke der Patientin punktiert (angestochen) und es werden ca. 10-12 ml Fruchtwasser abgesaugt. Das so entnommene Fruchtwasser bildet sich in kurzer Zeit wieder neu. Die Punktion erfolgt unter Ultraschallkontrolle, so dass eine Verletzung des Kindes praktisch ausgeschlossen ist. Das Risiko einer Fehlgeburt nach Amniocentese beträgt höchstens 0,5% und muss gegen das individuelle Risiko einer Erbgutstörung beim Kind abgewogen werden.

 

Fruchtwasserpunktion

Schema der Fruchtwasserpunktion     

Gensonden-Schnellanalyse (FISH).

 

 

 

Nach der Punktion sollten Sie sich 24 Stunden körperlich schonen. Leichtes, menstruationsähnliches Ziehen kann vorkommen; bei stärkeren Schmerzen oder vaginalen Blutungen sollten Sie jederzeit die Praxis kontaktieren. Das Resultat der Chromosomenanalyse erhalten Sie nach 12-14 Tagen direkt vom auswärtigen Labor per Post (bei Bezahlung eines Express-Zuschlags von 300 Franken ist das Ergebnis der FISH-Analyse bereits nach 24 bis 48 Stunden verfügbar). Die Untersuchung kostet insgesamt gut 900 Franken und wird von der Krankenkasse nur bei erhöhtem Risiko (Alter der Mutter über 35, familiäre Belastung mit Erbkrankheiten oder auffällige NIPT Bluttestresultate) übernommen.

 

 

Chorionbiopsie

Bei der Chorionbiopsie werden mit einer Nadel durch die Bauchdecke der Patientin Zellen des kindlichen Anteils des Mutterkuchens (Plazenta) entnommen. Dies ist schon früher möglich als bei der Amniocentese, nämlich bereits mit ca. 11 Schwangerschaftswochen. Das Resultat der Untersuchung ist aber etwas weniger verlässlich als jenes der Amniocentese, weil es in seltenen Fällen vorkommen kann, dass das Erbgut des Kindes und dasjenige des Plazentagewebes nicht übereinstimmen. Diese Untersuchung eignet sich vor allem bei in Panoramatest und/oder ETT als sehr hoch eingeschätzter Wahrscheinlichkeit für eine Chromosomenstörung oder für werdende Mütter, die bereits ein Kind mit einer Erbgutstörung geboren haben.